Ideenwettbewerb

Fassadengestaltung Neuendorfer Str. 10-24 - GeWoBa - Potsdam - Juni 2005




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Projektblatt



 
 


Erläuterungstext zum Wettbewerbsbeitrag zur
Fassadengestaltung Neuendorfer Straße 10 - 24 | Potsdam

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Einleitung
Ausgangspunkt unserer Planungen war die Überlegung, daß man die Fassade dieses markanten Plattenbaus nicht isoliert als eine überdimensionierte „Malleinwand“ ohne weiterführende architektonische Fragestellungen betrachten kann, wenn die künstlerische Lösung des Fassadenproblems mehr als ein bloßes kosmetisches Scheinresultat sein soll. Mithin waren die architektonische Struktur, die städtebauliche Situation sowie das soziale Umfeld gleichermaßen zu berücksichtigen.

Analyse
Das vierteilige, durch drei Torbauten miteinander verbundene Gebäude liegt als massiver Querriegel parallel zur Neuendorfer Straße. Durch diese exponierte Lage schirmt es die dahinter liegenden Bauwerke des Quartiers zur verkehrsreichen Neuendorfer Straße komplett ab. Es übt also eine städtebaulich sehr wichtige Funktion aus, ohne dieser allerdings in ihrer gegenwärtigen unansehnlichen äußeren Erscheinung auch nur annähernd zu entsprechen. Die „Nichtfarbe“ der Betonplattenfassade sowie die das Gebäude teilweise verdeckende Baumbepflanzung nehmen das Haus im Sinne einer positiven Wahrnehmung insgesamt zurück. Es wird optisch reduziert auf seine schiere Masse, die den Eindruck hervorruft, als solle die mangelnde Attraktivität der Erscheinung notdürftig durch die Baumbepflanzung kaschiert bzw. verborgen werden. Unsere Fragestellung lautet: Handelt es sich also um ein Bauwerk ohne positive Identität? Ist es als Plattenbau nur pure Reduktion auf Funktionalität ohne in eine nennenswerte Tradition eingebunden zu sein? Können die Bewohner sowie Nachbarn in der Wohnanlage mehr sehen als eine bloße Behausung? Bietet das Gebäude überhaupt die Möglichkeit einer Identifikation mit dem Haus als einem Zuhause und einem positiven Wohnumfeld?

Identität - Tradition - Identifikation
Diese drei Begriffe umschreiben das Wesen eines Bauwerkes: Identität meint die subjektive, ihm innewohnende Qualität, also das, was es unverwechselbar ausmacht. Bei diesem Haus sind u.a. die Laubengänge vor den Wohnungen, Details der Treppenhäuser sowie der Fassadenschmuck der Treppenhauser von hoher Qualität, die zum Charakter des Hauses einen wichtigen Beitrag leisten.
Das Gebäude dieses Plattenbautyps steht keinesfalls ohne Zusammenhang mit einem Traditionskontext; sondern geht entwicklungsgeschichtlich auf städtebauliche Siedlungskonzepte zurück, die in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts ausgearbeitet und erprobt wurden. Ein Beispiel in Potsdam ist die Siedlung „Vaterland“ Am Schragen. Eine bauliche Koinzidenz läßt sich u.a. in der Torbogensituation feststellen, die im Plattenbau eine Entsprechung gefunden hat.
Macht die subjektive Qualität die Identität des Hauses aus, so vervollständigt der objektive Blick von außen auf das Gebäude die eigentliche Wesenheit des Hauses. Er bedingt und ermöglicht das Erleben der Qualität des Baus und schafft das Potenzial zur Identifikation mit dem Haus. Bewohner, die um die Qualitäten und Stärken „ihres“ Hauses wissen, weil man sie sehen und erleben kann, werden eine hohe Bereitschaft zur Identifikation aufbringen mit weitreichenden positiven Auswirkungen auf das soziale Gefüge.

Der Entwurf
Der Entwurf arbeitet die architektonische Struktur des Bauwerks heraus. Die vorgeschlagene Fassung der Fassade in einem starken, sonoren Blau über einem glatten Isolierputz betont positiv die Masse des Baukörpers, während das dazu kontrastierende Weiß der Treppenhäuser die Komposition der Anlage verdeutlicht und damit erfahrbar macht. Die mittleren Treppenhäuser eines jeden Gebäudeteils werden zwischen ihrem Abschluß und der Traufe durch ein hellgraues Feld bis an die Dachlinie herangeführt und so optisch als Mittelrisalite betont. Es ergibt sich eine imaginäre Dreierstrukturierung über der vierteiligen Anlage, die den langen Gebäuderiegel verklammert, zusammenhält und rhythmisiert. Die weißen Gesimsbänder gliedern die Fassade horizontal in drei Zonen: Über dem Gebäudesockel folgen eine Basiszone, eine Mittelzone sowie ein Mezzaningeschoß. Das Ornamentband als Gebäudeschmuck schließt das Haus nach oben hin ab. Dieses weiße Ornament auf blauen Untergrund leitet sich aus dem Perforationsmuster der Treppenhauselemente ab. Um der Fassade weitere Plastizität und damit Komplexität zu verleihen, sind Fensterumrahmungen ebenfalls in Weiß eingefügt. Der kräftige, auffällige, aber nicht aufdringliche Blau/ Weißkontrast akzentuiert die Riegelcharakteristik der Anlage, er signalisiert Selbstbewußtsein und betont die natürlichen Qualitätsressourcen des Bauwerks. Diese „Ist“-Situation symbolisiert Stolz und gelassenes Selbstbewußtsein. Dadurch entsteht ein großes Identifikationspotenzial für die Be- und Anwohner.
Anregungen zu dem Blau/ Weiß-Konstrast fanden wir z.B. in Gebäudeanstrichen in Helsinki und St. Petersburg. In Potsdam könnte man u.a. die schon erwähnte Siedlung Am Schragen anführen. Der Farbklang entfaltet im jahreszeitlichem Wechsel unterschiedliche Wirkungen: Im Sommer evoziert er ein mediterranes Anmutungsfeld (z.B. landestypische Farben Griechenlands), im Winter strahlt er nordische Frische und Klarheit aus. Dieser Farbklang wird durch die Einbeziehung der geplanten Fassadenbegrünung an den Torbauten sowie an den Giebelseiten zu einem sublimen Farbakkord erweitert. Wir schlagen für die Torbauten wilden Wein, für die Giebelseiten eine Mischung aus wildem Wein und immergrünem Efeu vor. Der Farbakkord wird im Laufe des jährlichen Vegetationszyklus´ über Blau-Weiß-Hellgrün zu einem gesättigten Grün, dann Gelb und Rot wechseln und die Fassade mit diesem reichen Farbenspiel immer wieder neu beleben.


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